"Die moderne Lehre von der Gesetzesauslegung beruht im Wesentlichen auf der Interpretationstheorie des frühen 20. Jahrhunderts. Der Vortrag stellt diese Theorie in den historischen Zusammenhang. Ihre Grundlage ist ein neuer, positivistisch-voluntaristischer Rechtsbegriff. Aus ihm erklärt sich die um 1900 aufkommende Vorstellung, es gebe Lücken im Recht, die nur durch richterliche Rechtsschöpfung gefüllt werden können. Mit ihm hängt auch die Uneinigkeit darüber zusammen, ob das Ziel der Auslegung darin besteht, den gegenwärtig vernünftigen Gesetzessinn (objektive Theorie) oder den Willen des Gesetzgebers (subjektive Theorie) zu ermitteln, oder ob die Auslegung im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten dem Ermessen des Interpreten zu überlassen ist (Reine Rechtslehre). Der Autor war bis zu seiner Pensionierung (2009) Ordinarius für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht an der Universität Tübingen; er gilt als einer der besten Kenner der Geschichte der juristischen Methodenlehre." |